Artige Manieren
Das gute Argument macht vor der Schwelle halt und wartet, bis es hereingebeten wird. Es kommt auf Freiersfüßen daher und steht nie mit leeren Händen da. Wird es abgewiesen, lässt es einen Gesichtspunkt zurück.◄
Das gute Argument macht vor der Schwelle halt und wartet, bis es hereingebeten wird. Es kommt auf Freiersfüßen daher und steht nie mit leeren Händen da. Wird es abgewiesen, lässt es einen Gesichtspunkt zurück.◄
Lebensweltliches Argumentieren – ein kurioses Mitgefühl meldet sich zu Wort. »Lediglich lebensweltlich«, das müsse eben manchmal reichen. Besonders im »hier und jetzt« des »diesseitigen Lebens« auf der »sichtbaren Seite der Welt«, könne man oft nicht mehr verlangen. – Soviel Metaphysik für das bisschen Skepsis?◄
Deine, meine, keine Meinung – Solipsismus, Subjektivismus, Relativismus – Bretter vorm Kopf, die uns die Welt bedeuten sollen.◄
»Ich sag’ mal«, vorzugsweise »einfach nur so«, stellt eigentlich einen performativen Selbstwiderspruch dar: die eigene Anspruchslosigkeit an die große Glocke hängen wollen.◄
Tiefe Gründe sind schlechte Gründe, tiefere Gründe um so schlechtere, als sie – je tiefer, desto schlechter – von der tragenden Oberfläche der Selbstverständlichkeit so weit als möglich entfernt, Fuß zu fassen versuchen.
All den hilflos haltsuchenden Fundamentalisten ein Graus, wird argumentativ nicht den Schlechtesten die Wasserwaage eher gerecht als rechtes Lot.◄
Sich mit fremden Federn eines missverstandenen naturwissenschaftlichen Methodenideals zu schmücken, oder eine vermeintliche Blöße zwanghaft mit dem Feigenblatt pseudowissenschaftlicher Pippifaxereien (Neurolinguistische Programmierung, Sender-Empfänger-Modelle, Bedürfnispyramiden) zu bedecken, entspringt dem hypochondrischen Komplex, sich und seinesgleichen kein stimmiges Argument zuzutrauen.
Im Spannenden (der Kontingenz) über symphonische Kommunikation hinaus, ein Mehr an Zwangsläufigkeit, Kontrolle und Sicherheit haben zu wollen, muss nicht immer gleich faschistisch und unbescheiden rüberkommen. In der der Regel ist es einfach nur ein bisschen weltfremd und verklemmt.
Der »weiche Faktor« ungekünstelten Argumentierens ist der Rücksicht auf die »harte Wirklichkeit« geschuldet. Umsichtige Argumente erkundigen sich nach dem Verhalten von Sachen, bevor sie zum Fall wurden. Sie sind an der Entstehung von heiklen Fakten aus dumpfen Daten interessiert. Realistische Argumente spüren dem Werdegang einer Tatsache nach, bevor sie festgestellt wurde. Sie wollen ihre Entstehung aus der Sache, den Tathergang, verstehen, nicht das Faszinosum ihrer Tätlichkeiten erklären.◄
Sozialpädagogische soft skills (Indifferenz, Indolenz, aktives Zuhören) und andere trostlose Menscheleien (Geduld, emotionale Intelligenz, gemeinsame Mahlzeiten) sind nicht besser.
Sie kommen allenfalls in traniger »Überzeugungsarbeit« zum Einsatz. Die setzt (wie »Beziehungsarbeit«) auf Belagerung und Tod durch Langeweile.
Schlagende Argumente – le gant – en garde – touché – hätten für solch lähmendes Gedöns doch gar keine Zeit.◄
Die Kunst liegt nicht darin, die Welt zu übertönen, indem man es krachen lässt. Etwas durchklingen lassen, das rockt.◄