Ein Gott mit Nullwachstum

Carlo Crivelli: Thomas von Aquin – Altartafel (1476) – National Gallery, London

►ST I, Quaestio 9◄
(Die Unveränderlichkeit Gottes.) Man kennt ja die »Verschlimmbesserung« des Perfektionisten. Ein Pinselstrich zuviel, ein überflüssiges Wort und der Zauber der Vollkommenheit ist dahin. Dieser Intuition folgen wir gerne, doch dann nimmt das Argument zur göttlichen Unveränderlichkeit eine schroffe Wendung.

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Verdrängungswettbewerb

Ary Sheffer: Thomas von Aquin predigt Gottvertrauen während eines Sturms (1823) – Petit Palais, Paris

►ST I, Quaestio 8◄
(Über die Existenz Gottes in den Dingen.) Natürlich kommt Gott nicht als körperliches Ding unter Dingen mit seiner eigenen Schöpfung ins Gedränge. Vielmehr ist Er simultan in allen Dingen, an allen Orten! Kontraintuitiv zunächst, aber durchaus widerspruchsfrei, denn Er ist in den Dingen als Ursache ihres Seins.

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Infinitesimaltheologie

Benozzo Gozzoli: Triumph des Hl. Thomas von Aquin über Averroës – Altartafel (1468–1484) – Louvre, Paris

►ST I, Quaestio 7◄
(Über die Unendlichkeit Gottes.) Die gebräuchliche »Unendlichkeit« Gottes ist in zweifacher Hinsicht missverständlich: zum einen legt sie »Enden im Raum« nahe und verwischt andererseits den grundsätzlichen Unterschied zum Zeit-Ewigkeits-Problem, dem wir in der 10. Quaestio »De aeternitate Dei« begegnen werden.

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Grundgütiger

Cornelis Boel: Thomas von Aquin – (Stich 1610)– Rijksmuseum, Amsterdam

►ST I, Quaestio 6◄
(Über das Gutsein Gottes.) Zieht man in Rechnung, dass lediglich die beiden ersten Artikel im engeren Sinne das Gutsein (die bonitas) Gottes verhandeln, während sich Artikel drei und vier mit der »Bonität« der Schöpfung beschäftigen, dann nimmt Quaestio 6 gerade mal ein Viertel des Textvolumens der fünften Frage nach dem »Guten im Allgemeinen« ein. – Sollte es nicht viel eher umgekehrt sein?

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Ubi amor, ibi oculus

Fra Angelico: Johannes (der Evangelist), Thomas von Aquin, Laurentius (der Märtyrer) – Freskendetail im Dominikanerkloster San Marco Florenz (um 1437–1446) – Museo di San Marco, Florenz

►ST I, Quaestio 5◄
(Über das Gute im Allgemeinen.) Jede Verwirklichung beruht auf der Wahl aus einer Mannigfaltigkeit alternativer Seinsmöglichkeiten. Jedem Wirklichwerden geht also eine Wertschätzung voraus. Alles was ist, wurde als wertvoll und erstrebenswert befunden, es wurde »erwählt«, bevor es wirklich, und damit zu guter Letzt »gut« wurde.

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Einfach perfekt!

Giovanni di Paolo: Thomas von Aquin verwirrt Averroës (1445–1450) – Saint Louis Art Museum, Saint Louis

►ST I, Quaestio 4◄
(Über die Vollkommenheit Gottes.) »Perfektion« wird von Hergestelltem, Gemachtem und Geschaffenem ausgesagt. Wer von der »perfectio Dei« sprechen will, begibt sich auf logisch dünnes Eis. Es besteht Verwechslungsgefahr, wenn dem Schöpfer die Eigenschaft eines Geschöpfs zugesprochen wird.

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Der Gott ohne Eigenschaften

Thomas von Aquin neben dem hl. Sebastian – Basilika St. Maximin, Departement Var

►ST I, Quaestio 3◄
(Über die Einfachheit Gottes.) Jemandem Einfachheit nachzusagen, gilt ja nicht gerade als besonders charmant. Der »einfache Mann von der Straße« weiß ein Lied davon zu singen. Den »Deus simplicissimus« zu feiern, mutet geradezu blasphemisch an. Doch finden wir in der ununterbietbaren Einfachheit Gottes das Gegenmodell zur »Zerstreuung« der gegenständlichen Welt.

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Take five!

Filippino Lippi: Triumph des hl. Thomas von Aquin über die Ketzer – Fresko in der Carafa-Kapelle (1489–1491) in Santa Maria sopra Minerva, Rom

►ST I, Quaestio 2◄
(Über Gott, oder ob es Gott überhapt gibt.) Warum sind es ausgerechnet »fünf Wege«, auf denen uns Thomas Gottes Existenz beweisen und die Denknotwendigkeit dieser Annahme »anprobieren« will? Würde sich das stärkste und überzeugendste Argument nicht stichhaltiger ausnehmen, als ein Beweispotpurri zur Selbstbedienung? Der eigentümliche Beweisanspruch der »probatio« verweist auf eine überraschende Antwort.

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