Das letzte Haiku:
»Zu Ende das Wandern:
Mein Traum, auf dürrer Heide
huscht er umher.«
(Matsuo Bashõ)
Kürze den Bestand.
Prüfe des Sinnes Grenze,
Von innen beschaut.
Weniger will mehr:
Ex nihilo quodlibet –
Restloser Überfluss.
Der erste im Jahr
Zeigt Farben der Trauer her.
Krokus, der Bote.
Appropriation?
Früchte aus Nachbars Garten.
Wer kann widersteh’n?
Findlinge im Bach,
Bilder der Vereinzelung.
Wohl auch ein Hinüber.
Naturromantik:
Machtlose Verehrung von
Waltenden Mächten.
Das Strandbad als Idee:
Fellinis Begriff vom Glück
Des Runden Drehens.
Schnee im späten Jahr
Verzögert das Folgende.
Man lebt hinterher.
Frei steht das Torii,
Durchblick nach allen Seiten:
Tor zur Transzendenz.
Der horror vacui,
Gespräche ohne Ende,
Filme von Rohmer.
Züngelnde Wellen
Belassen Säume im Sand.
Verewigt für’s Erste.
Ein Lesezeichen.
Alte Missverständnisse.
Die Jugend passé!
Reiz des Glühwürmchens.
Leichter Fang, doch in der Hand,
Verborg’nes Wesen.
Modernde Blätter:
Duft des Zu-Grunde-Gehens.
Retrospektive.
Gedächtnisstütze,
Dem Zeitverflug zuwider:
Une madeleine.
Tintinnabuli,
Die Begleitung längst verweht.
Stehende Klänge.
Zur Selbstbetrachtung
In Gedanken verloren:
Irrgarten to go.
In Not und Gefahr
Nimmt man den Mut zusammen.
Er hält sich zerstreut.
Hecken, beschnitten
Im Frühjahr. Durchschau verwehrt,
Heimlich der Sommer.
Zwischen den Tönen,
Gelöster Zusammenhang:
Impressionismus.
Hokusais Kunstgriff:
Machtvoll behauptet sich die
Welle als Person.
Warum Ersteres?
»Mariposa« – »Schmetterling«
Sil-ben-sym-me-trie
Auf gemähtem Feld
Halten die Krähen inne.
Man fühlt sich gemeint.
Geschöpftes Papier
Durchgeschlagene Tinte
Wertgegenstände
Zweierlei Leben,
Nord und Süd, fließen ineins:
Lago di garda.
Ein Gedankensprung
Über das »Zwischen den Zeilen«;
Sieh’ her, ein Haiku.
Zigarettenrauch
Weht herüber. – Wilde Sehnsucht.
Verlust des Lasters.
Lektürespuren:
Zwischen Kritzel und Eselsohr,
Ariadnefäden.
Die Gartenbaukunst:
Zauber »berührter Natur«,
Gärtner, ohne Lob.
Mücken im August,
Spätabends um’s Kerzenlicht.
Das Gespräch gedeiht.
Chill im Hochsommer.
Kühlende Synästhesie.
Klänge des Windspiels.
Wir sehen die Luft
Und manch andere Dinge.
Flirrende Hitze.
Brütend der Sommer.
Gewässert die Terrasse.
Gelindert der Abend.
Noch vor dem Apeiron,
Gab es einst den Sendeschluss:
Rettendes Rauschen.
Lieber Hund oder Katz?
In Befehl und Gehorsam,
Zeigt sich Herr oder Knecht.
Geifernde Meute,
Die Plebs tropft aus den Lefzen:
Der gemeine Sinn.
Im Ungeraden
Der Silbenzahl, Gleichgewicht
Ausbalancieren.
© 2022 Christoph D. Hoffmann
Bildnachweise
Torii des Shirahige-Schreins (Header): Pixabay | Getrocknetes Blatt (Bleistiftzeichnung): © 2022 Manuela Herhaus | Krokus: Pixabay | Wasserfall: Pixabay | Lido: Pixabay | Torii im Wasser: Pixabay | Wellensäume am Strand: Pixabay | Leuchtkäfer: Wikimedia | Madeleines de Proust: Open Food Facts | Labyrinth in der Kathedrale von Chartres: Wikimedia | Hecken im Park: Pixabay | Hokusai – Die große Welle: Wikimedia | Krähe: Pixabay | Gardasee: Pixabay | Zigarettenrauch: Pixabay | Japanischer Landschaftsgarten: Pixabay | Windspiel mit Muscheln: Pixabay | Gesprengte Terrasse: Pixabay | Hund und Katze: Pixabay | Balance der Steine: Pixabay
