Infinitesimaltheologie

Benozzo Gozzoli: Triumph des Hl. Thomas von Aquin über Averroës – Altartafel (1468–1484) – Louvre, Paris
Benozzo Gozzoli: Triumph des Hl. Thomas von Aquin über Averroës – Altartafel (1468–1484) – Louvre, Paris ⎜ 🔍

God, unlimited edition

  • Ad primae partis quaestionem VII

  • De infinitate Dei. – Über die Unendlichkeit Gottes.

Ich möchte »infinitate« lieber mit »Unbestimmtheit« übersetzen. »Unbegrenztheit« ginge auch, legt aber eine räumlich-territoriale Konnotation nahe. Die gebräuchliche »Unendlichkeit« Gottes, die wir im Interesse der Wiedererkennbarkeit beibehalten, ist in zweifacher Hinsicht missverständlich: zum einen legt sie (fehlende) »Enden im Raum« nahe und verwischt andererseits den grundsätzlichen Unterschied zum (meiner Ansicht nach spannenderen) Zeit-Ewigkeits-Problem, dem wir in der zehnten Quaestio »De aeternitate Dei« begegnen werden.

Die außerordentliche Vieldeutigkeit von »finis« (die etwa »infinity, infinité, infinità, infinidad« verloren gegangen ist, an die sie aber ethymologisch wieder anknüpfen können) ist Programm und liefert Thomas sozusagen die Agenda der heutigen Quaestio 7. Keine deutsche Entsprechung hat ein vergleichbares Bedeutungssortiment im Angebot, aber die »Un-Bestimmtheit« erlaubt es, auf »finis, fines« Huckepack zu reiten, und, mit Thomas, allen damit bedeuteten Bestimmungen, besser »Bestimmtheiten« Gottes eine entsprechende Absage zu erteilen.

»Grenze, Ende, Abschluss, (umfriedetes) Land, Grundstück, Gebiet, Territorium, Schranke, Ziel, Erfolg (als Arbeitsziel),, Bestimmung, Determination, Limitation, Verwendung (für), Zweck« – der Aspekte möglicher, im Wortfeld der »fines« spielender, Begrenzungen, »Endungen«, Bestimmungen – räumlich, numerisch, begrifflich, metaphysisch, aber auch metaphorisch – sind Legion. (Kurios und witzig, dass der semantische Range des Begrenzungsterminus’ schlechthin, selbst fast unbegrenzt scheint, und dass der Determinationsbegriff par exellence in Genus und Deklination unbestimmt ist :-))

In jeder Hinsicht gilt es hier nun, allen nur denkbaren, von außen kommenden, an Ihn herangetragenen, Bestimmungen, jedweder extrinsischen »Bestimmtheit« Gottes zu widersprechen.

Gott ist in keiner Weise bedürftig. Er nimmt nichts von Wesens-Fremden an, nicht etwa weil er vorsichtig, oder gar ängstlich wäre, sondern weil er es nicht nötig hat.

Gott ist schlechterdings selbstständig und unabhängig, hier kommen nüchterne Metaphysik und Emphase überein. Er braucht nichts Ergänzendes, Hinzukommendes, Vervollständigendes, Abrundendes, oder gar Perfektionierendes – Gott ist sich selbst genug.

Auch braucht er Niemanden, der ihm Vorschriften macht, Weisungen erteilt, der ihm sagt wo’s lang geht, der ihm ungebetene Ratschläge gibt, der ihm, in bester Absicht, Orientierung und Richtschnur anbietet – Gott ist reine Selbstbestimmung.

Und erst Recht lässt Gott sich nicht passend machen. Für ihn gibt es weder Erwartungsdruck, Role Models, Anforderungs-, oder Stellenprofile – Gott führt das schlechthin unangepasste LebenI am what I am, I am my own special creation ...

Mit seiner nach außen zielenden Argumentationsrichtung stellt Quaestio 7 gewissermaßen die Komplementärfrage zum Traktat »Über die Einfachheit Gottes – De simplicitate Dei« (ST I, q. 3) dar. Dort stellte Thomas die innere Kohäsion und Solidität Gottes unter dem Gesichtspunkt der Teil-Ganzes-Relation heraus, und verteidigte seine These durch die Verneinung jeglicher Zusammensetzung (und damit Teilbarkeit) Gottes. Gott ist kein Kompositum! Weder von körperlichen Bestandteilen (ST I, q. 3, a. 1), noch von Materie und Form (Art. 2), Essenz und Suppositum, Natur und Subjekt (Art. 3), Sein und Wesen (Art. 4), Artzugehörigkeit(en) durch spezifische Differenz (Art. 5), Substanz und Akzidenz (Art. 6), noch geht Gott irgendwelche Wesens-Verbindungen mit anderen Gegenständen ein (Art. 8). Hintergrund und Motiv dieser sieben Argumentationen war der Ausschluss möglicher »Sollbruchstellen Gottes«, die sich aus etwaigen »Kompositionen« in Gott ergeben könnten. Zusammenfügung könnte Zerlegbarkeit bedingen, Brüchigkeit, Zerstörung und letztlich »Zerstreuung« nach sich ziehen. Den verschiedenen Aspekten dieser Innenperspektive stellt Thomas in Quaestio 7 die Abhängigkeitsgefahren aus der Außenperspektive gegenüber. Gesicherte Kohäsion und unteilbarer Zusammenhalt schließen nicht nur keine von außen hinzukommenden, oder extrinsisch einwirkende Determinationen aus, sie könnten ja geradezu durch sie bedingt sein. Gottes innere Einfachheit könnte sich nachgerade einer äußeren Bestimmtheit und Begrenzung verdanken.

Der erste Artikel knüpft an die Materie-Form-Diskussion in Quaestio 3 an, und scheint auf den ersten Blick mit einem Rückschritt zu beginnen. Hatte er dort gleich apodiktisch, streng und scharf begonnen: »impossibile est in Deo esse materiam …« (ST I, q. 3, a. 2 co.), greift Thomas die »materialistische« Position hier zunächst als, prima facie plausiblen, common sense aller alt(ehrwürdig)en Philosophen durchaus verständnisvoll auf. Unbegrenzt sei, was unbegrenzt viel aus sich entlässt (»Unendliche Vielfalt in unendlichen Kombination«, wie der Vulkanier sagt):

»Ich antworte, indem ich sage, dass alle antiken Philosophen das Unendliche einem Ersten Prinzip zuschrieben, wie im 3. Buch der (aristotelischen ) Physik gesagt wurde, und dies taten sie (durchaus) aus gutem Grunde, da sie von der Betrachtung der Dinge ausgingen, die aus (diesem) Ersten Prinzip in unendlicher Vielfalt hervorgehen (ausfließen).«

»Respondeo dicendum quod omnes antiqui philosophi attribuunt infinitum primo principio, ut dicitur in III Physic., et hoc rationabiliter, considerantes res effluere a primo principio in infinitum.« (ST I, q. 7, a. 1 co.)

Ausgangspunkt der Argumentation sind keine abgehobenen metaphysischen Entitäten, sondern, gut aristotelisch, die wirklichen Dinge, mit denen wir alltäglich unproblematisch und interpretationsfrei umgehen. Sie begegnen uns in einer numerischen Vielzahl und qualitativen Vielfalt, die uns unüberschaubar, nicht erkennbar begrenzt, »unendlich« erscheint. Die Frage nach dem woher dieser uneingeschränkt sich erneuernden, vervielfachenden, differenzierenden Mannigfaltigkeit führt zur Annahme eines Ersten Prinzips als unerschöpflicher Quelle dieses Überflusses. Soweit ist Thomas d’accord.

»Aber sie irrten sich im Hinblick auf die Natur dieses ersten Prinzips und folglich kam es dazu, dass sie sich auch über die Unbegrenztheit selbst irrten. Weil sie nämlich »eine Materie« als Erstes Prinzip ansetzten, schrieben sie diesem (Ersten Prinzip) folglich auch eine materielle Unendlichkeit zu, indem einige behaupteten, irgendein unendlich (großer) Körper sei erstes Prinzip der Dinge.

Sed quia quidam erraverunt circa naturam primi principii, consequens fuit ut errarent circa infinitatem ipsius. Quia enim ponebant primum principium materiam, consequenter attribuerunt primo principio infinitatem materialem; dicentes aliquod corpus infinitum esse primum principium rerum.« (loc. cit.)

Doch nicht nur ein, als unbegrenzt gedachter, Körper scheidet als unendliches, unbegrenztes und unbestimmtes Grundmedium aus, auch das metaphysische (sinnlich nicht wahrnehmbare) Abstraktum der materia kommt als Erstes (göttliches) Prinzip nicht in Frage, weil sie, als schlechterdings bestimmungsbedürftige, formabhängige Grundlage aller wirklichen (i.e. aktualisierten) Dinge, sozusagen am entgegengesetzten Ende einer gedachten Aktualitätsskala, als reine Potenzialität, der reinen Aktualität Gottes gegenübersteht. Das gilt umso mehr, als Thomas mit materia insbesondere eine »materia prima« im Auge hat, die nicht mit unserem »handfesten« zeitgenössischen Materieverständnis zu verwechseln ist.

Weihnachtsplätzchen

Form und Materie

Unsere, dieser Tage zur Neige gehenden, Weihnachtsplätzchen entstanden durch Formen aus Teig als Backmaterial. Dieser wiederum aus materiellen Zutaten, wie Mehl, Wasser, Zucker, etc. bis hin zu Muttis geheimen Ingredienzien. Diese »Backmaterien« entstammen freilich bereits einer höheren »Organisationsstufe«, und sind aus der ominösen materia prima durch aktuierende Formgebung, durch »Information«, hervorgegangen. Diese metaphysische (nicht physikalische!) »Protomaterie« (wenn das Kauderwelsch aus materia prima und Aristoteles’ hyle prote erlaubt ist) ist kein in der Welt vorkommender Stoff, nichts, nach heutigem Sprachgebrauch, Materielles, sondern ein angenommenes, jeder Verstofflichung vorausliegendes, Medium reiner Potenzialität. Als solches ist es zwar durchaus »unbestimmt«, noch nicht durch eine Form begrenzt, und damit in gewisser Weise »unendlich« oder infinit (s. o. zur finis-Übersetzung), doch isoliert und für sich genommen, hat dieses gedachte Ur-Substrat keinen realen Bestand in der Welt. Erst durch eine hinzukommende Form aktualisiert sich Wirklichkeit.

Allerdings ist auch dieser zweite Prinzipienkandidat, die forma, mit Vorsicht zu betrachten. Naheliegend und intuitiv plausibel, dass Materie erst durch die Form zu wirklichen Dingen in der Welt »bestimmt« wird. Doch vice versa wird auch die Form durch Materie bestimmt, ohne die ja eine Verwirklichung der Einzeldinge genauso wenig denkbar wäre, wie deren Aktualisierung durch formlose Materie allein. Diese wechselseitige Abhängigkeit von Materie und Form auf ihrem Weg zur Wirklichkeit, versucht Thomas aufzulösen, indem er sich die Dinge, besser gesagt die Vorstufen von ihnen, m.E. ein wenig »zweckdienlich« zurecht legt.

Über die Rede von Vervollkommnung und Vollkommenheit (perfectio) erhält die Form in einem Rutsch einen ganz beträchtlichen Vorsprung, während der Materie ihre unbestimmte Unendlichkeit mit einem Mal zum Nachteil gerät. Der metaphorische Background lässt die »prägende Form« aktiver, um nicht zu sagen, dominanter erscheinen, als die passive, aufnahmebereite, willige Materie. Es wird nahegelegt, dass die Form der Materie nicht nur mehr gibt, als sie von ihr empfängt, sie vervollkommnet sie allererst zur Aktualität, formt sie gewissermaßen abschließend zur Wirklichkeit.

Und schwuppdiwupp sind wir beim lieben Gott, und in nullkommanix bei einem befriedigenden (?) Endergebnis!

»Dasjenige aber, das von allen Dingen am wirkmächtigsten formgebend ist, ist das Sein selbst, wie aus obigem hervorgeht. Weil nun das göttliche Sein kein (von irgendetwas Äußerlichem) angenommenes Sein ist, sondern, wie oben gezeigt, sein (eigenes), in sich selbst bestehendes Sein, steht fest, dass Gott selbst unbestimmt und vollkommen ist.«

»Illud autem quod est maxime formale omnium, est ipsum esse, ut ex superioribus patet. Cum igitur esse divinum non sit esse receptum in aliquo, sed ipse sit suum esse subsistens, ut supra ostensum est; manifestum est quod ipse Deus sit infinitus et perfectus.« (ST I, q. 7, a. 1 co.)

Das ging mir alles ein wenig zu schnell. – Zwei kritische Nachfragen unter einem petitio principii-Verdacht:

(1) Reality Twins

Die Stärke und Plausibilität der aristotelisch-thomistischen Form-Materie-Theorie (dem sogenannten »Hylemorphismus«) verdankt sich einem pragmatisch-theoriefreien Argumentationsbeginn, und damit ihrem lebensweltlichen Theoriefundament. Ausgangspunkt der Reflexion ist kein definitorisch fixierter begrifflicher Overhead, sondern unsere unmittelbare und unproblematische Vertrautheit mit den wirklichen Dingen, wie sie nun einfach einmal da sind.

Wirklichkeit begegnet uns nicht in einer ontologisch abgehobenen Ideensphäre, sondern sie steht uns in Gegenständen entgegen, an denen wir uns stoßen, und über die wir stolpern können, wenn wir, wie Thales, immer gleich nach oben schauen. Erst die, keineswegs lebenspraktische, Rückfrage, was das Seiende zu wirklich Seiendem macht, führt uns zu zwei angenommenen, ganz und gar nicht gegenständlichen, hypothetischen Bestimmungsstücken der Wirklichkeit. Von diesen siamesischen »Reality Twins« ist jedenfalls soviel klar:

Form und Materie sind beide gegenseitig aufeinander bezogen, und insoweit voneinander abhängig, als sie nur gemeinsam etwas Wirkliches konstituieren können. Isoliert voneinander, sind sie beide nichts Wirkliches und haben beide keinen selbstgenügsamen Bestand in der Welt. Im Gegensatz zu den substanziellen Einzeldingen, von denen wir naheliegender- und natürlicherweise ausgegangen waren, sind sie beide gleichermaßen unselbstständig, irreal und »abgeleitet«. Sie beide stehen sozusagen in gleichermaßen potenzieller »Äquidistanz zur Wirklichkeit« der Einzeldinge, die sie nur gemeinsam verwirklichen können.

Argumentativ führt uns Quaestio 7 dann aber verdächtig rasch zu einem »Standesunterschied« zwischen Unvollkommenheit qua unbestimmter Unendlichkeit der materia und vermeintlicher Vollkommenheit qua universaler Adaptivität (i.e. eine eminente Bestimmbarkeit!) der forma.

Gott als Seins-versicherndes Formprinzip der Wirklichkeit, das war die Wunschpointe der Quaestio 7. Erst mal abgecheckt, passt sie natürlich nahtlos und trostreich ins Weltbild. Aber hat Thomas sie auch richtig durchgecheckt? – Oder hat hier die tragende Bodenhaftung zugunsten einer verführerischen (auch ein wenig sexistischen) Metaphorik gelitten?

(2) Wenn wir alle Engel wären

Materie als solche ist Nichts, jedenfalls nichts Bestimmtes, allenfalls unverwirklichtes Wirklichkeitsfutter, keinesfalls jedoch selbstständige, sich selbst erhaltende, solide, gegenständliche Dinglichkeit (i.e. Realität, realitas).

Unter dem gleichen Handicap »leidet« freilich auch die Form. Dann jedenfalls, wenn man, wie Thomas mit ansonsten unermüdlichem Engagement, die aristotelische Platonkritik vertritt. Sein ceterum censeo verpflichtet uns, bei den wirklichen Dingen, den »ersten, primären Substanzen« zu beginnen – die so heißen, weil sie uns zuerst und vorzüglich in den Weg kommen – »in« denen, doch keineswegs »abgelöst« von ihnen, die Ideen oder Formen »existieren«.

In Quaestio 7 scheint sich die Form etwas vorschnell von der diesseitigen, gegenständlichen Realität emanzipiert zu haben. Von der angenommenen, hypothetischen, den wirklichen Gegenständen begrifflich »abstrahierten« metaphysicae zu ex post vergegenständlichten realia? May be, warum nicht? – Doch dann möchte ich mehr hören!

Wie konnte sich die Form verselbstständigen? Mit wieviel Göttlichkeit musste sie aufgeladen und beschickt werden, um den Unabhängigkeitsstatus des »ipse suum esse subsistens« erlangen zu können.

Zwar referiert Thomas im zweiten Artikel recht distanziert eine gewisse Meinung über die Natur der Engel:

»Si autem sint aliquae formae creatae non receptae in materia, sed per se subsistentes, ut quidam de Angelis opinantur, …«

Doch schränkt er die Seinsmöglichkeiten solcher abgetrennten, unabhängig von der Materie existierender Formen sogleich wieder ein:

»erunt quidem infinitae secundum quid, inquantum huiusmodi formae non terminantur neque contrahuntur per aliquam materiam, sed quia forma creata sic subsistens habet esse, et non est suum esse, necesse est quod ipsum eius esse sit receptum et contractum ad determinatam naturam. Unde non potest esse infinitum simpliciter.« (ST I, q. 7, a 2 co.)

Kurzum, was auf dem Bau das höchste Lob, ist für Quaestio 7 eben nur ein so lala: »passt, wackelt und hat Luft!«

Das Unendliche in der Mathematik

Mathematik sei die »Wissenschaft vom Unendlichen«, wird gerne gesagt. Welchen ontologischen Status das Unendliche in der Mathematik habe, darüber gab es, mit wechselnden Konjunkturen, seit der Antike lebhafte Meinungsverschiedenheiten. Eine, als »platonistisch« bezeichnete, Position geht von einem sogenannten »Aktual-Unendlichen« aus. Nach diesem, etwas »handwerklichen« Verständnis der platonischen Ideenlehre, spricht die Mathematik über, unabhängig von zählbaren Gegenständen und unserer Zählpraxis, real und quasi dinglich existierenden unendlichen Gegenstandsbereichen, die sich gewissermaßen in einem Zahlenhimmel, im Wartestand, aber uneingeschränkt wirklich und präsent, bereithalten, bis der Mathematiker mit seinen Theoremen und Beweisen auf sie referiert. (Kokett naiv, das Diktum von Georg Cantor, die (ganzen) Zahlen habe der liebe Gott gemacht, der Rest sei Menschenwerk.)

Demgegenüber bestreitet eine, an Aristoteles anschließende Position diese aktuale Realität des Unendlichen und behauptet eine potenzielle Unendlichkeit, derzufolge die Möglichkeit des Weiterzählens, der Hinzukonstrierbarkeit eines Nachfolgers zu einer beliebig großen Zahl als »ausreichend unendlich« betrachtet wird. An die Stelle einer ontologischen Zahlenvorratshaltung tritt sozusagen ein konstruktivistisches lean supply chain management auf Abruf.

Giuseppe Peano

Giuseppe Peano

Thomas’ intuitive Ausführungen im »Arithmetikartikel« (ST I, q. 7, a. 4) entsprechen ganz verblüffend einem durchaus modernen Verständnis von mathematischer Unendlichkeit, wie es Giuseppe Peano 1889 in dem, nach ihm benannten, Axiomensystem der natürlichen Zahlen formuliert hatte:

(1) 0∊

0 ist eine natürliche Zahl.

(2) n: n

Jede natürliche Zahl n hat eine natürliche Zahl als Nachfolger.

(3) n: n ¬(=0) bzw.

   ⋀n: n 0

0 ist kein Nachfolger einer natürlichen Zahl.

(4) mn: m, n (= m=n)

Natürliche Zahlen mit gleichem Nachfolger sind gleich.

(5) 0X n: (nX X) X

Enthält eine Menge X die 0 und gibt es in X zu jeder natürlichen Zahl n auch deren Nachfolger , so bilden die natürlichen Zahlen eine Teilmenge von X.

© 2020 Christoph D. Hoffmann
Bildnachweise
Benozzo Gozzoli: Zeno | Weihnachtsplätzchen: Wikimedia | Peano: Wikimedia

Kommentare sind geschlossen.